Apostel Harburg

Jesus 24/7 - Teil 2

Jesus, Petrus und der andere Jünger (Joh. 21)

Im Jahr 1947 besuchte ein Amerikaner namens Bob Pierce im Rahmen einer Chinareise eine Missionsschule auf der Insel Xiamen.

Als er am Tag seiner Abreise Abschied von der Leiterin nehmen wollte, hatte diese ein völlig erschöpftes Mädchen auf dem Arm, das Zuflucht vor den Misshandlungen durch den eigenen Vater gesucht hatte.
Tena, die Leiterin der Einrichtung, drückte Bob Pierce die Kleine in den Arm mit den Worten: „Was kannst du für das Mädchen tun?
Ich teile meine Reisschüssel schon mit sechs anderen Kindern“.
„Ich habe noch fünf Dollar“, sagte Pierce, sichtlich überrascht – und zutiefst bewegt.
„Das reicht fürs Erste“, entgegnete Tena.
„Damit kaufe ich für das Mädchen ein neues Kleid, etwas Reis und Stifte für die Schule.
Sie kann in der Küche schlafen.
Ich verspreche dir, dass ich für sie sorgen werde, wenn du mir jeden Monat fünf Dollar für sie schickst, sobald du wieder zu Hause bist.“


Das machte Bob Pierce.

Ein paar Jahre später war er als Journalist in Korea und berichtete über den Krieg dort.
Es ist immer furchtbar, was ein Krieg mit Menschen macht.
Aber besonders gingen ihm die Kinder zu Herzen, die Waisen, die alleine durch das zerstörte Land zogen.

Bob Pierce erinnerte sich an Xiamen, an das kleine Mädchen dort und die Sache mit den 5 $.
Er kam nach Hause und animierte alle Freunde und Bekannten, die ihm über den Weg liefen, im Monat 5 $ zu spenden.
Das war der Anfang.
Aber er musste organisiert werden.
Deshalb gründete Bob Pierce World Vision und widmete den Rest seines Lebens dieser Aufgabe.
Inzwischen werden Hunderttausende von Kindern und Familien nachhaltig unterstützt.



Es gibt Erlebnisse,

die einen Menschen völlig verändern können.

Für Bob Pierce war die Begegnung mit Tena, der Leiterin der Missionsschule in Xiamen, ein solches Erlebnis.

Er war dem auferstandenen Jesus begegnet – auch wenn er ihn zunächst nicht erkannt hatte.
Aber diese Begegnung hatte ihn geprägt.

Ich weiß, dass so mancher von Ihnen das auch kennt:
Eine Begegnung mit Gott, die Sie stark berührt und verändert hat.

In der Bibel stehen ziemlich viele solcher Erlebnisse, um eines soll es heute gehen.
Es steht im Johannes-Evangelium, Kapitel 21.

Direkt davor geht es schon los.
Da steht die Geschichte von Thomas, der nicht glauben kann, was ihm die anderen Jünger sagen:
Dass nämlich der Mann, der da vor ihm steht, wirklich der auferstandene Christus ist.
„Erst muss ich meine Finger in deine Wundmale legen“, sagt Thomas.
Und hinterher sagt er nur noch eins: „Mein Herr und mein Gott!“

Thomas hatte den Herrn nicht erkannt.
Er hatte es nicht geglaubt.
Thomas will sehen, wissen, sicher sein.
Doch dann haut es ihn um, und er kann nur noch stammeln: „Mein Herr und mein Gott!“

Das ist ein Bekenntnis – kurz und knapp sagt es alles, was wichtig ist.
Es verändert sein Leben.
Das ist eine Offenbarung.

(Und dann folgt Johannes 21)

Jesus offenbarte sich den Jüngern am See Genezareth.
Er zeigte sich, er wurde erkennbar – aber nicht so, dass die Jünger ihn sofort erkannt hätten.

Das dauerte noch.
Sie erkannten ihn letztlich nicht an seinem Aussehen, sondern an dem, was er tat.

Das war schon bei der Emmaus-Geschichte so.
Sie erinnern sich?
Zwei Jünger gingen nach der Kreuzigung von Jerusalem nach Emmaus.
Da trafen sie einen anderen Wanderer, dem sie im Laufe des gemeinsamen Weges von Jesus und der Kreuzigung erzählten.
Sie erkannten ihn nicht.
Jedenfalls nicht sofort.

Erst als sie zusammen aßen und der Fremde das Brot mit ihnen brach und das Abendmahl mit ihnen feierte, da merkten sie es.

Und sagten am Ende: „Brannte nicht unser Herz, als er mit uns sprach und uns von Gott erzählte?“



Brannte nicht unser Herz?

Das könnte ein Zeichen dafür sein, das der Fremde, dem wir gerade begegnet sind, Jesus war.
Auch in Johannes 21 erkannten ihn die Jünger nicht gleich.
Sie waren fischen und hatten nichts gefangen.
Als sie zurück kamen, stand ein Mann am Ufer und fragte ganz mitleidig: „Kinder, habt ihr nichts zu essen?“

Er fordert sie auf, das Netzt noch einmal auszuwerfen – sie machten das und fingen so viele Fische, dass sie es kaum mehr rausziehen konnten.

Das ist an sich schon eine recht ungewöhnliche Geschichte.
Petrus und die anderen Jünger, um die es hier ging, waren Fischer.
Sie waren die Fachleute, sie wussten, wie man fischt.

Und sie wussten auch, wann man fischt:
nämlich nur nachts.
Tagsüber fängt man nichts im See.

Sie haben jetzt also nachts gefischt und nichts gefangen.
Sie kommen an Land zurück.
Da steht irgend so ein Fremder und sagt: Fischt noch mal.

Inzwischen ist es Tag geworden.
Tagsüber fängt man nichts.

Verwunderlich ist also erstens, dass die Fischereifachleute so was Unsinniges machen und nicht einfach diesem Fremden mal erklären, wie das Fischen funktioniert.
Und zweitens, dass sie dann so viel fangen.

Weshalb werfen sie das Netz noch einmal aus?

Wenn Jesus zu Lebzeiten sprach, hieß es oft von ihm: Er sprach mit Vollmacht.

Er sagte etwas, und die Leute konnten sich dem nicht entziehen.
Sie glaubten es ihm.
Er traf ins Herz.
Er sprach mit Vollmacht.

Als er Petrus vor vielen Jahren das erste Mal sah, sagte er zu ihm nur: Folge mir nach.

Petrus ließ alles stehen und liegen und folgte ihm nach.
Denn



Jesus sprach mit Vollmacht

Eine kurze Begegnung und das Leben war umgekrempelt.

Offensichtlich konnten sich Petrus und die Jünger auch hier nicht entziehen – obwohl sie ihn erst gar nicht erkannten.

Aber als die vielen Fische im Netz waren, sagte der Jünger, den Jesus lieb hatte:
„Es ist der Herr!“

Ich komme gleich noch zu dieser seltsamen Formulierung „der Jünger, den Jesus lieb hatte“.

Dieser Jünger erkannte als erster, dass sie Jesus vor sich hatten.

Er erkannte ihn nicht am Aussehen, sondern an seiner Gegenwart, an der Wirkung, die er hat:

Dieser Mann verändert die Wirklichkeit.
Er macht Dinge, die eigentlich nicht gehen.
Man fängt keine Fische am Tag.

Er hatte gesehen, dass wir hungrig sind, und er hat den Hunger gestillt.

Er hat das getan, was er schon früher immer getan hat.



Wenn etwas von dem Wirklichkeit wird,

was Jesus immer wollte, dann ist das ein sicheres Zeichen für seine Gegenwart.

Das sollte uns mitreißen.
Das sollte uns verändern!

Petrus hingegen kriegt einen Schreck: Verdammt, Jesus!
Kein Wunder.
Denn das letzte, was Jesus von ihm mitbekam, war nicht gerade eine Heldentat gewesen.

Sie erinnern sich vielleicht:
Jesus war zur Verurteilung abgeführt worden, Petrus schlich sich hinterher – aber als die Menschen ihn zu erkennen glaubten, hat er dreimal geleugnet, ein Jünger zu sein.

Nach dem dritten Mal krähte dann der Hahn.

Der Tag begann nach einer mehr als erfolglosen Nacht.

Später sitzen Jesus und Petrus zusammen und Jesus fragt den Petrus dreimal im Laufe des Gesprächs: „Simon, hast du mich lieb?“

Dreimal – diese Erzählung folgt direkt hinter der, die wir vorhin gehört haben.

Dreimal antwortet Petrus: „Herr, du weißt, dass ich dich lieb habe“.
Und dreimal sagt Jesus daraufhin: „Weide meine Schafe“.

Beim dritten Mal war Petrus allerdings sehr traurig geworden.
So steht es in Johannes 21: „Petrus wurde traurig, weil er zum dritten Mal zu ihm sagte: Hast du mich lieb?
Und er sprach zu ihm: Herr, du weißt alle Dinge. Du weißt, dass ich dich liebhabe.“

Ja, Jesus weiß alle Dinge.
Auch die Sache mit der nächtlichen Verleugnung.

Petrus war der Fels, auf den Jesus seine Kirche bauen wollte.
Und er hat sich auch immer so gefühlt.
Er war der stärkste, der beste, sozusagen der „Oberjünger“.

Aber er hatte jämmerlich versagt in jener Nacht vor der Kreuzigung.

Jesus hat ihn daran erinnert.
Er wollte, dass er runter kommt vom hohen Ross.
Petrus musste seinem Versagen ins Auge sehen.
Er konnte nicht einfach so weiter machen.
Er musste darüber trauern.



Die Begegnung mit Jesus traf ihn ins Herz.

Petrus musste anfangen, sich selbst realistisch zu sehen:
Nein, ich bin nicht der tolle Held, der alles kann….
…. Ich, der Fels…

Petrus sah, dass er einen Chef hatte:
„Mein Herr und mein Gott!“
Nicht wie ich will, sondern wie du es willst.

(Das beten wir übrigens in jedem Vater Unser: Dein Wille geschehe!)

Und in dem Moment, in dem Petrus anerkannte:
„Du bist der Herr“, da passte es auch wieder mit dem Auftrag: „Weide meine Schafe!“



Jesus gibt dem Petrus einen Auftrag.

(So wie er das auch mit Bob Pierce tat).
Jesus sagt zu Petrus: „Weide meine Schafe“.
Er soll der Hirte sein, der Oberhirte, auf lateinisch: der Pastor.

Und jetzt passiert schon wieder etwas höchst Menschliches.
Petrus sah sich nämlich um, entdeckte den Jünger, den Jesus lieb hatte, und fragte: „Herr, was wird denn jetzt mit diesem?“

Gerade hatte Jesus ihn zurecht gestutzt, jetzt will Petrus schon wieder der Größte sein.
Da passt es nicht so richtig, wenn es einen Konkurrenten gibt, den Jesus auch noch besonders lieb hat.

Diesen Jünger, der nicht mit Namen genannt wird, gibt es nur im Johannes-Evangelium.
Es wirkt schon etwas komisch, wenn man von ihm liest.

In Johannes 13 heißt es, er lag am Tisch an der Brust Jesu.

Als die Jünger mal etwas Heikles wissen wollen, winkt ihm Petrus, er solle doch mal vorsichtig bei Jesus anfragen.

Als Jesus am Kreuz hing, sah er seine Mutter Maria und diesen Jünger und sagte: „Dies ist ab jetzt dein Sohn“

Und als Maria Magdalena am Ostersonntag berichtete, dass die Steinplatte vom Grab gerollt sei, da rannten Petrus und der Jünger, den Jesus lieb hatte, um die Wette zum Grab.
Petrus wurde zweiter.

Jetzt hat Petrus also einen Auftrag bekommen:
Er soll die Herde leiten.
Petrus hat den Führungsjob bekommen.

Und er fragt: Was ist mit ihm?

Jesus antwortet: Das geht dich nichts an!

Erfülle du einfach nur deine Aufgabe.



Folge mir nach.

Am Ende des Evangeliums, das unmittelbar folgt, wird dann gesagt, dass der andere Jünger, den Jesus lieb hatte, auch eine Aufgabe bekam:
Er sollte das Evangelium aufschreiben.

Der Jünger wird nie beim Namen genannt.
Einige Theologen meinten später, es sei der Jünger Johannes gewesen – deshalb heißt das Evangelium jetzt so.

Die Geschichte, die in Johannes 21 aufgeschrieben ist, ist die einer



Begegnung mit Jesus.

Es gibt Erlebnisse, die einen Menschen völlig verändern können.
Eine Begegnung mit Jesus gehört mit Sicherheit dazu.
Denn sie trifft uns mitten ins Herz.

„Brannte nicht unser Herz?“, fragte die Emmaus-Jünger, nachdem sie Jesus begegnet waren.

Sie hatten ihn erst nicht erkannt.
Das wird in der Bibel oft beschrieben:
Die Jünger erkennen zunächst nicht, dass es Jesus ist, dem sie da begegnen.
Aber er trifft ins Herz.
Wenn wir das spüren, dann könnte das ein Zeichen dafür sein, dass es Jesus war, dem wir gerade begegnet sind.

Er berührt uns, denn er spricht mit Vollmacht.
Eine kurze Begegnung, und das Leben ist umgekrempelt

Und wenn wir ihm begegnen, dann erkennen wir ihn nicht am Aussehen, sondern an seiner Gegenwart, an der Wirkung, die er hat.

Wenn etwas von dem Wirklichkeit wird, was Jesus immer wollte, dann ist das ein sicheres Zeichen für seine Gegenwart.

Die Jünger hatten Jesus erst nicht erkannt.
Aber die Begegnung mit ihm führte dazu, dass Petrus sich selbst erkennen musste.

Er erkannte sein Versagen, und das führte letztlich zu dem Bekenntnis: „Mein Herr und mein Gott!“
Nicht wie ich will, sondern wie du es willst.

Und dann, ganz am Ende, bleibt eine Begegnung mit Jesus nie folgenlos.
Es ist nie nur ein nettes Kaffeetrinken.

Am Ende bleibt ein Auftrag.
Ein umrissener, klarer Auftrag.

Und Jesus sagt: „Erfülle einfach nur deine Aufgabe. Folge mir nach.“

© Claus Scheffler 2010