Apostel Harburg

Helden des AT – Abraham

Liebe Gemeinde!

Wir sehen uns in dieser Predigtreihe die sog. „Helden“ des AT einmal genauer an – heute soll es um Abraham gehen. Was war denn der A. eigentlich für einer?

A. lebte im 2. Jahrtausend vor Christus.

Er war von Beruf Hirte und hatte es zu einigem Besitz gebracht. Verheiratet war er mit Sarah. Zusammen mit seiner Frau und seinen Eltern zog er aus dem heutigen Irak nach Harran, in der heutigen Türkei, um dort zu wohnen. Viel mehr wissen wir nicht über die ersten 75 Jahre seines Lebens.

Dann aber wird es richtig spannend – mit 75 Jahren – da fängt das Leben an! Das ist doch ein gutes Motto für einige heute hier, oder?

In 1. Mose 12 lesen wir dann von Abraham, dass Gott ihn ruft:

Verlass deine Heimat und zieh in ein Land, das ich dir zeigen werde!

1. Mose 12

Ich will dich segnen und dich zum Stammvater eines mächtigen Volkes machen.
Dein Name soll in aller Welt berühmt sein.
An dir soll sichtbar werden, was es bedeutet, wenn ich jemand segne.“

Und Abraham gehorchte dieser Stimme Gottes.
Er vertraute Gott, obwohl er bereits 75 Jahre alt und bis dahin kinderlos war, dass er der Stammvater eines großen Volkes werden sollte.
Ohne Zielangabe und Reiseplan machte er sich voller Vertrauen auf den Weg.

Wir sind nicht Abraham.
Und doch möchte ich kurz innehalten und einen Blick auf unser eigenes Glaubensleben werfen:
Denn Gottes persönliches Rufen galt nicht nur Abraham damals, sondern vollzieht sich auch heute immer wieder auf ganz unterschiedliche Weise.

Gott ruft heute noch durch Jesus Christus Menschen auf, ihm ganz zu vertrauen.
Er möchte mit jedem von uns ein Stück Geschichte schreiben.

Dafür ist es nötig, dass wir uns immer wieder aus unserem Alltagsgeschäft herausrufen lassen, um den Blick auf Jesus zu richten.
Denn Gott sucht Menschen, die auf ihn schauen, mit ihm in einer persönlichen Beziehung leben und ihn auf dieser Erde loben mit ihrem Leben als Nachfolger Jesu.
Dafür tippt er uns immer mal wieder sanft an, klopft uns auf die Schulter und rüttelt uns - wenn es sein muss - auch aus dem Schlaf wach und ruft uns zu sich.

Abraham gehorchte dieser Stimme Gottes. Wie reagieren wir, wenn wir Gottes Stimme hören bzw. spüren?
Gibt es eigentlich Zeiten, in denen Sie bewusst auf Gottes Stimme hören?

Z.B. hier im Gottesdienst! Rechnen Sie damit, dass Gott ihnen etwas Konkretes sagen möchte? Ich glaube, dass das durchaus passieren kann.
Gott möchte sehr konkret in unser Leben sprechen.
Und wenn wir ihn im Gebet konkret bitten, dann antwortet er oft auch ganz konkret – durch kleine Fingerzeige.

Nicht viele Menschen hören Gott so klar wie Abraham damals in dieser Audition mit richtiger lauter Stimme.
Lassen Sie sich bitte nicht entmutigen, wenn sie Gottes Stimme noch nie wirklich mit den Ohren gehört haben – das habe ich auch noch nie – oft spüren wir sie mehr im Herzen:
Ein Bibelwort passt in meine Situation und trifft mich.
Oder ein Satz aus einer Predigt lässt mich nicht mehr los.
Manchmal wird mir auch mitten im Gebet allein oder mit anderen plötzlich klar was zu tun oder zu lassen ist.
Oder ich fange einfach mit etwas an und spüre, dass Gott meinen Weg segnet oder eben einen Weg steinig und schwer macht.

Dabei geht es meistens nicht gleich um die große Lebenswende, wenn Gott uns als Christen ruft, sondern oft eher um unsere kleinen Aufbrüche.
Sie bedeuten, dass wir Gewohntes loslassen, uns von der Sorge um uns selbst trennen und uns in Gottes Dienst stellen lassen.

Dass wir uns herausfordern lassen von Aufgaben, die Gott uns stellt und uns von ihm die Kraft dazu schenken lassen.

Als Albert Schweitzer, der Arzt, Theologe und Missionar, von Leuten bedrängt wurde, die wissen wollten, wie sie Gottes Rufen denn hören könnten, antwortete er ihnen: "Schaffen Sie sich ein Nebenamt, wo Sie Dienst tun können.
Ein Mensch oder ein Werk braucht ein bisschen Zeit, Freundlichkeit, Teilnahme oder Arbeit. Da können Sie sich einbringen.
Lassen Sie sich nicht entmutigen beim Warten oder Experimentieren.
Auch Enttäuschungen werden Sie erleben.
Aber lassen Sie sich dieses kleine Nebenamt nicht entgehen.
Es kann Ihre Berufung sein."

Was ist Ihre Berufung?
Albert Schweitzer meinte, den Ruf Jesu zum Aufbruch hören wir wahrscheinlich nicht so einschneidend wie Abraham.
Aber er ist überall da zu vernehmen, wo wir uns wachrütteln lassen, uns in den Dienst Jesu stellen und abwarten, wozu er uns selbst im kleinsten „Nebenamt“ gebrauchen will.

Abraham jedenfalls gehorchte und vertraute Gott. Hier ist uns ein Vorbild.

Er wird ja auch oft der Vater des Glaubens genannt.
In 1. Mose 15 lesen wir den in der Lutherbibel fett gedruckten Satz:
„Abraham glaubte Gott und das wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet.“ Paulus begründet anhand von Abraham die Rechtfertigung aus Glauben im Römerbrief.
Und im Hebräerbrief wird er auch als Vorbild des Glaubens beschrieben – das haben wir vorhin in der Lesung gehört.

Ist Abraham also ein wahrer Held?

Ich glaube, Gott braucht grundsätzlich keine Helden, um mit einem Menschen Geschichte zu schreiben.
Denn z.B. Mose, Jakob, Joseph oder David hatten auch andere Seiten:

Insgesamt wird Abraham uns als ziemlich untadelig dargestellt, aber uns sind ja auch nur einige Geschichten von ihm bekannt.
und ganz wichtig: die eigentliche Hauptperson in der Geschichte ist Gott, der Abraham großartige Versprechen bzw. Verheißungen macht:

5 Verheißungen

  • Landverheißung: Das Land Kanaan: „Abraham geh in ein Land, das ich Dir zeigen werde.“
  • Nachkommensverheißung und Sohnesverheißung mit 100 (Abraham)
  • Segensverheißung: „Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein.“ „Abraham, in Dir sollen gesegnet sein alle Völker.“
  • Bundesverheißung – Gott schließt einen Bund mit Abraham und seinen Nachkommen – auch den geistlichen Nachkommen (Taufe und AM: Das ist der neue Bund in meinem Blut…)
  • Gegenwartsverheißung: Fürchte dich nicht! Gott ist mit Dir in allem was Du tust.

Nach der Verheißung von Kindern bekommt Abraham zunächst einen Sohn von der ägyptischen Magd Hagar, nämlich Ismael – das war damals rechtlich und moralisch übrigens in Ordnung.
Aber Gott verheißt Abraham einen Sohn mit Sara, die damals auch schon sehr alt war und eigentlich keine Kinder mehr bekommen konnte.
Abraham und Sara lachten zunächst, weil sie sich das überhaupt nicht vorstellen konnten.
Aber tatsächlich wurde Sara schwanger und Isaak wurde geboren – der Vater von Jakob. Durch den die Segenslinie bis zu Jesus sich ziehen sollte.

Dann hatte Abraham noch eine sehr intensive Begegnung mit Gott in einem Ort namens Hain Mamre mit drei Männern, die sich im Nachhinein als Gottesbegegnung herausstellte. Dort erhält er den Zuspruch für seine Zweifel.
Gott sprach: „Sollte dem Herrn etwas unmöglich sein?“
An der Abrahamsgeschichte wird deutlich, was auch heute noch gilt:
„Bei Gott ist kein Ding unmöglich!“

Abraham war unbestritten ein geistlicher Mann Gottes, der dieser Zusage vertraute und sich mit seinem Leben darauf einließ.
Aber was ist, wenn Gott seinen Glauben auf die Probe stellt – wird er dann umfallen?

Im zweiten Teil dieser Predigt möchte ich mit Ihnen eben diese Erprobungs-Geschichte betrachten, die ich besonders bemerkenswert an der Person Abrahams finde.

Ich lese uns aus 1. Mose 22:

Abrahams Versuchung

  1. Nach diesen Geschichten versuchte Gott Abraham und sprach zu ihm: Abraham! Und er antwortete: Hier bin ich.
  2. Und er sprach: Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du lieb hast, und geh hin in das Land Morija und opfere ihn dort zum Brandopfer auf einem Berge, den ich dir sagen werde.
  3. Da stand Abraham früh am Morgen auf und gürtete seinen Esel und nahm mit sich zwei Knechte und seinen Sohn Isaak und spaltete Holz zum Brandopfer, machte sich auf und ging hin an den Ort, von dem ihm Gott gesagt hatte.
  4. Am dritten Tage hob Abraham seine Augen auf und sah die Stätte von ferne
  5. und sprach zu seinen Knechten: Bleibt ihr hier mit dem Esel. Ich und der Knabe wollen dorthin gehen, und wenn wir angebetet haben, wollen wir wieder zu euch kommen.
  6. Und Abraham nahm das Holz zum Brandopfer und legte es auf seinen Sohn Isaak. Er aber nahm das Feuer und das Messer in seine Hand; und die beiden gingen miteinander.
  7. Da sprach Isaak zu seinem Vater Siehe, hier ist Feuer und Holz; wo ist aber das Schaf zum Brandopfer?
  8. Abraham antwortete: Mein Sohn, Gott wird sich ersehen ein Schaf zum Brandopfer. Und die beiden gingen miteinander.
  9. Und als sie an die Stätte kamen, die ihm Gott gesagt hatte, baute Abraham dort einen Altar und legte das Holz darauf und band seinen Sohn Isaak, legte ihn auf den Altar oben auf das Holz
  10. und reckte seine Hand aus und fasste das Messer, dass er seinen Sohn schlachtete.
  11. Da rief ihn der Engel des HERRN vom Himmel und sprach: Abraham! Abraham! Er antwortete: Hier bin ich.
  12. Er sprach: Lege deine Hand nicht an den Knaben und tu ihm nichts; denn nun weiß ich, dass du Gott fürchtest und hast deines einzigen Sohnes nicht verschont um meinetwillen.
  13. Da hob Abraham seine Augen auf und sah einen Widder hinter sich in der Hecke mit seinen Hörnern hängen und ging hin und nahm den Widder und opferte ihn zum Brandopfer an seines Sohnes statt.
  14. Und Abraham nannte die Stätte »Der HERR sieht«. Daher sagt man noch heute: Auf dem Berge, da der HERR sieht.

Sooft ich diesen Text lese, berührt er mich ganz tief.
Da mischen sich viele Gefühle in mir. Ich male mir aus, wie es ist, wenn Gott zu einem Vater sagt: „Geh mit deinem einzigen Sohn, den du liebst auf einen Berg. Dort töte ihn und verbrenne ihn als ein Opfer für mich.“
Da dreht sich mir der Magen um und ich denke:
Ich würde es nicht tun und glaube auch nicht, dass Gott so etwas von mir verlangt!
Trotzdem steht dieser Bericht in der Bibel – was hat er uns zu sagen?

Abraham fragt nicht nach dem Sinn des Ganzen, sondern macht sich auf diesen schweren Weg des Glaubens, weil er Gott über alles liebt und ihm vertraut.

Ich denke, er wird gehofft haben, dass es „nur“ eine Glaubensprobe war:
So wie es uns Bibellesern der erste Satz der Geschichte verrät:
„Nach diesen Geschichten versuchte Gott Abraham und sprach“
Auch Abraham hatte diese Hoffnung, denn er antwortete auf die Frage seines Sohnes:
„Papa, wo ist eigentlich das Lamm, das wir opfern werden?

„Gott wird schon dafür sorgen, mein Sohn. Gott wird sich ein Schaf ersehen.“
Abraham hatte so viel mit Gott erlebt. Gott hatte ihm im Alter noch seinen Sohn geschenkt.
Ich glaube, dass Abraham davon überzeugt war, dass der Weg Gottes der richtige ist, auch wenn er noch nicht ahnte, was das alles zu bedeuten hatte.

So finden wir auch im Hebräerbrief diese Sicht der Geschichte.
Da heißt es: „Durch den Glauben opferte Abraham den Isaak, denn er dachte: Gott kann auch von den Toten auferwecken.“
Diese Hoffnung auf eine Wende wird Abraham angetrieben haben, sich auf diesen schweren Weg zu machen.
So sagte er auch zu seinen Knechten: „Wenn wir angebetet haben, wollen wir wieder zu euch kommen“ – alle beide.
Als Christ staune ich über Abraham und denke:
„Dieser Glaube ist unglaublich groß. Er war bereit alles für Gott zu geben. Er muss sich wirklich ganz sicher gewesen sein, dass Gott es letztlich gut mit ihm und seinem Sohn meint.“
Und trotzdem taucht die Frage auf: Was soll das Ganze?
Warum fordert Gott von Abraham so etwas?
Machte es ihm vielleicht Spaß, zu sehen, wie Abraham leidet?
War das alles nicht mehr als ein grausames Spiel, um Abrahams Glauben zu testen?

Ich denke, diese Frage können wir nur ansatzweise richtig beantworten, wenn wir uns das Wesen Gottes vor Augen führen, wie es in der Bibel bezeugt wird.
Denn das Wesen Gottes ist nicht Hartherzigkeit, sondern Barmherzigkeit und Liebe.
Johannes schreibt in seinem ersten Brief: „Gott ist die Liebe.“

Johannes sagt nicht, dass Gott liebevolle Züge an sich hat, sondern dass er die Liebe in Person ist. Gottes Wesen ist die Liebe.
Johannes schreibt, dass er die Liebe ist, also gar nicht anders kann, als zu lieben.
Alles, was er ist, wie er handelt, denkt und redet ist von seiner Liebe bestimmt.
Wenn wir uns das bewusst machen, dann erscheint die Geschichte von Abraham mit einem Mal in einem ganz anderen Licht.

Wenn Gott die Liebe ist,
dann ist auch der Auftrag an Abraham letztlich ein Ausdruck seiner Liebe – so merkwürdig das zunächst klingt.
Dieser Liebe Gottes geht es nicht darum, dass Abraham Gott etwas beweisen musste, sondern dass Gott Abraham etwas deutlich machen wollte.

Gott hatte sich schon längst eine Lösung ersehen – der Widder, der sich in den Dornen verfangen hatte war die Erlösung für Abraham und Isaak.

Weil Abraham Gott zeigte, dass er ihm bedingungslos vertraute, dass er bereit war, sein Liebstes für Gott zu lassen, darum erlebte Abraham, dass es das Risiko wert war, seinem Gott zu vertrauen.
Die Beziehung zu Gott hatte an Tiefgang gewonnen.

Am Höhepunkt der Geschichte erlebte Abraham, was er vorher nur hoffte, dass Gott es gut mit ihm meint – auch gegen den Augenschein.
Aus seiner Hoffnung wurde Gewissheit, weil er sich auf den Weg machte.

Wir sind (Gott sei Dank) nicht Abraham – aber was können wir von Abraham lernen?
Die Geschichte Abrahams kann uns von der Angst befreien, dass der Weg in der Nachfolge Jesu ins Unheil führt, selbst wenn er für uns zunächst sehr unangenehm aussieht.
Gott meint es gut und seine Wege führen zum Leben und zur Seligkeit.

Und noch etwas:
Wenn wir uns auf Gottes Wege einlassen, die oft ganz schlicht und unspektakulär sind, dann kann aus einem theoretischen Glauben ein Glaube werden, der gewiss ist.

Denn wenn wir uns auf Gottes Wege einlassen, können wir Erfahrungen im Glauben machen, die uns Gottes Liebe und Treue ins Herz schreiben.

Ich glaube die Geschichte von Abraham will uns ermutigen, Gott unser ganzes Leben zur Verfügung zu stellen, dass wir uns ihm ganz anvertrauen, ihm unsere Zeit, unsere Fähigkeiten und unsere Mittel ganz neu zur Verfügung stellen und uns zu ihm bekennen.

Wer das tut, den will Gott segnen, wie er Abraham gesegnet hat.

AMEN.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, erfreue und bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus – Amen.